Medieninformation • 18/2022 vom 23.03.2022

Der Medienstaatsvertrag im Stresstest

Positive Zwischenbilanz beim DLM-Symposium 2022 zum Medienstaatsvertrag – aktuelle Herausforderungen zeigen Notwendigkeit der Stärkung eines freien, staatsfernen und demokratischen Mediensystems

Information oder Propaganda? Fake News und Desinformation belasten die freie Meinungsbildung und politisches Handeln. Die Relevanz von Suchmaschinen und Social Media für die Meinungsbildung nimmt kontinuierlich zu. Die im Medienstaatsvertrag erstmals gesetzlich verankerte, vielfaltsbezogene Regulierung von Medienintermediären greift dies auf. Die Länder und die umsetzenden Medienanstalten haben hier seit November 2020 eine Vorreiterrolle. Doch wie sieht die Praxis aus? Greift das neue Recht und ist diese Medienordnung damit zukunftsfest? Darüber diskutierten heute vor über 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in der Vertretung des Landes Baden-Württemberg beim Bund in Berlin und im Live-Stream bei Alex TV Referentinnen und Referenten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft anlässlich des DLM-Symposiums 2022.

Im Gespräch mit Moderator Torben Klausa machte Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg, deutlich, dass die von den Ländern eingeführten Regeln für Intermediäre angesichts ihrer überragenden Bedeutung für die Meinungsbildung absolut notwendig seien: „Die großen Plattformen und Intermediäre agieren global und übernehmen eine immer wichtigere Rolle im Meinungsbildungsprozess. Eine Medienordnung auf der Höhe der digitalen Zeit muss daher ihre Wirkung auf die öffentliche Kommunikation grundsätzlich und nicht bloß im Einzelfall in den Blick nehmen. Eine passgenaue Regulierung von global agierenden Anbietern gelingt am besten durch ein kluges Zusammenspiel von europäischem und nationalem Recht.“

Dr. Wolfgang Kreißig, Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) konstatierte: „Der Medienstaatsvertrag hat sich in der Umsetzung durch die Medienanstalten als wichtiges und zukunftsfähiges Instrument zur Sicherung von Vielfalt durch neue Vorgaben für mehr Transparenz und zur Zugangs- und Diskriminierungsfreiheit bisher bewährt. Ein Kernelement angesichts eines veränderten Mediennutzungsverhaltens ist dabei die Intermediärsregulierung.“

In der aktuellen Ausnahmesituation zeige sich zudem die Bedeutung des Grundsatzes der Staatsferne des Rundfunks in Deutschland, der ein effizientes rechtsstaatliches Vorgehen gegen ein Angebot wie den russischen Sender RT ermöglicht habe. „In den anstehenden Diskussionen um den Digital Services Act (DSA) und den European Media Freedom Act (EMFA) sollte die explizite Aufnahme des Staatsfernegebots für Rundfunk und die Verankerung kohärenter Umsetzungsmöglichkeiten auch auf europäischer Ebene angedacht werden“, ergänzt Dr. Kreißig.

Einen Einblick in die ersten Aufsichtsfälle und die Etablierung der neuen Aufsichtsstrukturen zu Transparenz und Diskriminierungsfreiheit gaben Eva-Maria Sommer, Direktorin der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein, und Dr. Thorsten Schmiege, Präsident der Bayerischen Landesmedienzentrale (BLM) und Koordinator des Fachausschusses Netze, Technik, Konvergenz der Medienanstalten.

Von den Erfahrungen der Anbieter berichteten Claus Grewenig, Bereichsleiter Medienpolitik, RTL Deutschland, Michael Neuber, Government Affairs und Public Policy Manager, Google Germany, und Marie-Teresa Weber, Public Policy Manager DACH, Meta.

Über die Herausforderungen von Transparenzansätzen und Diskriminierungsverboten mit Blick auf die bundesdeutsche sowie EU- Regulierungsebene aus rechtlicher Perspektive referierte Dr. Stephan Dreyer, Senior Researcher Medienrecht & Media Governance, Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI).

Über die Zukunft einer vielfaltsbezogenen Medienregulierung in Deutschland und Europa und welche Rolle die staatsferne Ausgestaltung der Regulierung haben kann, diskutierten im Abschlusspanel Daniela Beaujean, Geschäftsführerin VAUNET, Erhard Grundl, MdB und Sprecher für Kultur und Medien, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Dr. Wolfgang Kreißig, Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM), Oliver Schenk, Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien, Chef der Sächsischen Staatskanzlei, und Dr. Constanze Tiwisina, Stellvertretende Vorsitzende des Arbeitskreises Medien BITKOM.

Eine ausführliche, inhaltliche Zusammenfassung aller Programmteile sowie die Aufzeichnung wird in Kürze über die Webseite der Medienanstalten verfügbar sein.

Weitere Informationen über die medienanstalten finden Sie unter: www.die-medienanstalten.de

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Das DLM-Symposium 2022 fand am 23.03.2022 in Berlin statt.
MMV