Medieninformation • 17/2013 vom 15.04.2013

Programmbericht der Medienanstalten

Neue Daten zu aktuellen TV-Programmtrends

Die Veränderung des konventionellen Fernsehens ist in aller Munde. Von Lean Back und Second Screen ist da die Rede, von einer neuen Medienkonvergenz zwischen Fernsehen und Internet, der Ausweitung der Fernsehwelt in die sozialen Netzwerke bis hin zur apokalyptischen Prognose vom baldigen Ableben des linearen Programm-Fernsehens durch die zeitversetzte und mobile Nutzung seiner Inhalte in Mediatheken und auf Videoportalen.

Wie das Fernsehen auf diese Entwicklungen reagiert, sie vorantreibt oder auch ignoriert, kann man den Beiträgen des aktuellen Programmberichtes der Medienanstalten entnehmen. Im Mittelpunkt steht dabei wie immer die Berichterstattung über die kontinuierliche Programmforschung der Landesmedienanstalten, die zweimal jährlich die acht wichtigsten bundesweiten Fernsehprogramme (ARD, ZDF, RTL, Sat.1, VOX, ProSieben, RTL II, kabeleins) auf der Ebene der Programmstrukturen, der Sendungen und der fernsehpublizistischen Berichterstattung inhaltsanalytisch untersucht.

Dazu nur eine Zahl: Die durchschnittliche Zeitspanne, in der in den genannten Fernsehvollprogrammen an einem normalen Wochentag zwischen Montag und Sonntag über Politik im engeren Sinn berichtet wird, bewegt sich nach den aktuellen Daten zwischen vier Stunden pro Tag (ARD / Das Erste) und vier Minuten pro Tag (kabeleins).

In einem ausführlichen Dokumentationsteil werden dazu aktuelle Daten zur Produktionscharakteristik, zur Informationsleistung und zur Entwicklung der Fernsehunterhaltung bereitgestellt und fortgeschrieben. Eine aktuelle Forschungsbibliografie liefert darüber hinaus einen Überblick über Studien und Veröffentlichungen, die sich im Zeitraum 2011/2012 mit den Inhalten von Fernsehprogrammen befasst haben.

Die seit 1998 als Zeitreihe angelegte Untersuchung erlaubt es, die konzeptionellen Veränderungen in der Formatierung der Programme vergleichend und langfristig zu analysieren. In der aktuellen Ausgabe geschieht dies für einen besonders hart umkämpften Zuschauermarkt, das Fernsehen am Nachmittag zwischen 14 und 18 Uhr. In einer differenzierten Gegenüberstellung von Programminhalten und Zuschauerstrukturen zeigt sich der Wandel des traditionell im Nachmittagsprogramm verankerten Realitätsfernsehens von den täglichen Talk-Shows über die Gerichts- und Personal Help-Shows bis zu den heute vor allem bei den privaten Programmen dominanten, gescripteten Reality TV-Sendungen.

Dazu nur eine Zahl: Seit mehr als zehn Jahren liegt bei RTL der Anteil der Reality TV-Sendungen bei über 50 Prozent. Im Jahr 2012 waren das ausschließlich Doku-Soaps (69 Prozent), der größte Teil davon gescriptete Formate (50 Prozentpunkte).

Wie im modernen Realitätsfernsehen versucht wird Authentizität zu inszenieren, wird in diesem Zusammenhang in einem eigenen Beitrag vertiefend untersucht.

In mehreren Kurzberichten über fernsehprogrammbezogene Einzelstudien im Auftrag der Medienanstalten wird darüber hinaus auf die Verknüpfung von Fernsehen und Internet, insbesondere in sozialen Netzwerken und Mediatheken eingegangen. So kann man im aktuellen Programmbericht Daten zum Ausmaß und zur Struktur der Internetpräsenz von ausgestrahlten Fernsehsendungen finden und etwas über rundfunkbezogene Social-Media-Feedbackprojekte in Deutschland, Großbritannien und den USA lernen.

Auch dazu eine Zahl: Gemessen an der Nettosendezeit der Programme (also ohne Trailer, Werbung, etc.) schwankt die Verfügbarkeit für ausgestrahlte Fernsehsendungen im Netz zwischen 83 Prozent (RTL) und 19 Prozent (kabeleins).

Die Veränderung des Fernsehens durch die Netzwerke im Internet zu einem neuen sozialen Medium ist der Gegenstand der unter der Rubrik „Programmdiskurs“ gegenüber gestellten Streitpunkte und Standpunkte. Vertreterinnen und Vertreter aus Medienforschung, Programmentwicklung und Programmaufsicht beschreiben ihren Blick auf die aktuelle Debatte zum „sozialen Fernsehen“.

In zwei weiteren Beiträgen wird über den nationalen Tellerrand geschaut. Über ein Modell zur Anreizregulierung und Qualitätssicherung berichtet ein Beitrag aus der Schweiz und schließt damit an eine aktuelle Diskussion über Anreize im Rahmen der deutschen Programmaufsicht, -zulassung und -kontrolle an. Aus Österreich kommt ein Bericht, der die Entwicklung deutscher und österreichischer Programme vor dem Hintergrund der öffentlich-rechtlichen und privaten Programmkonkurrenz langfristig vergleicht.

Zwei Kurzberichte über die Zulassungs- und Aufsichtspraxis der Medienanstalten und die wichtigsten aktuellen Problemfelder des Jugendmedienschutzes im Fernsehen schließen den Bericht ab.

Der „Programmbericht 2012. Fernsehen in Deutschland“ wird herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in Deutschland. Er ist soeben im Vistas-Verlag erschienen und zum Preis von 19,00 Euro im Buchhandel erhältlich (ISBN 978-3-89158-583-2).

Über den Programmbericht
Die kontinuierliche Programmbeobachtung wird durchgeführt von der Göfak Medienforschung, Potsdam, unter der Leitung von Professor Dr. Joachim Trebbe und Prof. Dr. Hans-Jürgen Weiß.

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