Entwicklung der digitalen Terrestrik: DVB‐T2 kommt. DAB+ wächst.
Neue Formen, alte Muster. Medienanstalten stellen Digitalisierungsbericht 2014 vor
Heute präsentierten die Medienanstalten im International Club Berlin den Digitalisierungsbericht 2014. In seiner Begrüßung stellte Thomas Fuchs, Koordinator des Fachausschusses Netze, Technik, Konvergenz, eine zentrale Erkenntnis heraus: „Die heute präsentierten Zahlen zeigen, dass jetzt die Zeit für den Umstieg der terrestrischen Fernsehverbreitung auf ein neues, zukunftsträchtiges Modell gekommen ist.“ Fuchs machte deutlich: „Die Länder müssen in diesem Herbst die Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen Umstieg auf DVB-T2 sichern.“
Daneben waren Fragen der Analogabschaltung im Kabel, der Entwicklung hochauflösenden Fernsehens sowie der Nutzung digitaler Endgeräte und Videoinhalte Gegenstand der abschließenden Paneldiskussion. Hier tauschten sich die Vertreter der an der Erhebung beteiligten Infrastrukturunternehmen Astra Deutschland, Kabel Deutschland, Media Broadcast, Telekom und Unitmedia KabelBW mit Dr. Hans Hege, Direktor der Medienanstalt Berlin-Brandenburg, aus.
Wie in den vergangenen Jahren stellte Regina Deck, die die Erhebung von Seiten TNS Infratest betreut, dem zahlreich erschienenen Fachpublikum die zentralen Ergebnisse der Erhebung im Detail vor. Hier einige Kernaussagen:
Kabelempfang noch zu mehr als einem Drittel analog
Die Zahl der TV-Haushalte, in denen noch ausschließlich analog ferngesehen wird, nimmt kontinuierlich ab. Entsprechend stieg die Digitalisierungsquote insgesamt im letzten Jahr moderat auf 83,8 Prozent an. Auch 2014 gibt es aber immerhin noch 6,2 Millionen ausschließlich analoge Kabel-Haushalte. Obwohl die Kabelnetze längst flächendeckend „digitalisiert“ sind, hinkt die digitale TV-Nutzung mit 62,9 Prozent der Kabel-Haushalte deutlich hinterher. Insbesondere ältere Bürger und einkommensschwächere Kabel-Kunden finden sich unter den Nutzern analogen Fernsehens.
Kabel und Satellit gleichauf an der Spitze
Wie bereits im vergangenen Jahr, blieben auch 2014 die Reichweiten der vier Übertragungswege weitgehend stabil. Kabel und Satellit liegen demnach weiterhin gleichauf an der Spitze. Jeweils gut 46 Prozent der TV-Haushalte nutzen einen dieser beiden TV-Verbreitungswege.
Leichter Rückgang der Terrestrik, aber weiter hohe Nachfrage in den Kernregionen
Den terrestrischen Empfangsweg nutzen aktuell 10 Prozent bzw. knapp 3,9 Millionen TV-Haushalte in Deutschland. Dies bedeutet einen Rückgang um einen Prozentpunkt im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl der ausschließlich über DVB-T empfangenden TV-Haushalte liegt bei 2 Millionen Haushalten. Einen großen Zuspruch findet der terrestrische Fernsehempfang in den Regionen, in denen sowohl öffentlich-rechtliche als auch private Programme terrestrisch verbreitet werden. Hier verzeichnet DVB-T eine Reichweite von aktuell 17,2 Prozent der TV-Haushalte.
IP-TV stagniert
Der Fernsehempfang via IP-TV konnte in diesem Jahr erstmals keine Reichweitensteigerung verzeichnen. Wie im vergangenen Jahr nutzen 4,9 Prozent der TV-Haushalte die DSL-Leitung für den Rundfunkempfang, das entspricht 1,9 Millionen Haushalten in Deutschland.
Immer mehr Fernseher werden zu Connected TVs
Während auf der einen Seite die Digitalisierung des TV-Empfangs noch nicht abgeschlossen ist, schreitet auf der anderen Seite die Konvergenz von Rundfunk- und Internetnutzung voran. 45,4 Prozent der Bevölkerung schauen Videoinhalte über das Internet. Bei 21,6 Prozent findet die Videonutzung bereits an einem mit dem Internet verbundenen Fernsehgerät, dem sogenannten Connected TV statt.
In diesem Jahr gaben knapp 23 Prozent der TV-Haushalte in Deutschland an, über einen internetfähigen Fernseher zu verfügen, eine Steigerung um 46 Prozent im Vergleich zum vergangen Jahr. Immerhin haben bereits 15 Prozent den Fernseher direkt oder indirekt (bspw. über einen Set-Top-Box oder Spielekonsole) mit dem Internet verbunden. Das entspricht einer Anschlussquote von 65 Prozent bzw. 5,7 Millionen deutschen Haushalten mit einem Connected TV.
Mediatheken deutlich vor Online-Videotheken
Die Video-Nutzung über das Internet steigt insbesondere auf den SmartTVs (plus 61 Prozent) und Tablets (plus 88 Prozent). Nutzer von Video-On-Demand nutzen zu 58,2 Prozent die Angebote der öffentlich-rechtlichen und privaten TV-Sender. Deutlich hinter den Mediatheken der Veranstalter folgen Videoportale mit 25,4 Prozent und Online-Videotheken wie Maxdome, Watchever und Amazon Instant Video mit 21,2 Prozent.
Hoher Anteil paralleler Second Screen Nutzung
42,7 Prozent der Fernsehzuschauer nutzen parallel zum TV-Gerät einen zweiten Bildschirm, den sogenannten Second Screen. Auf dem als Second Screen genutzten Smartphone, Laptop oder Tablet dominieren E-Mail und Instant Messaging (72 Prozent), das Abrufen von aktuellen Infos und Nachrichten (59 Prozent) sowie soziale Netzwerke (51 Prozent) die Nutzung. Nur 27 Prozent der Second Screen Nutzer geben an, hier sendungsbegleitende Inhalte abzurufen.
Bei vielen Nutzern ist der Second Screen bereits der eigentliche First Screen. Gefragt danach, welchem Bildschirm bei der Paralellnutzung ihre hauptsächliche Aufmerksamkeit gilt, geben 38 Prozent Smartphone, Tablet und Laptop an. 35 Prozent verfolgen weiterhin hauptsächlich das Geschehen auf dem TV-Gerät.
Digitalradio nimmt Fahrt auf: Fast 60 Prozent Plus
Zum zweiten Mal in Folge wurden auch Zahlen zum Radioempfang und der Radionutzung im Rahmen des Digitalisierungsberichts erhoben. Die Ergebnisse zeigen die weiterhin starke Verankerung des analogen UKW-Empfangs in der deutschen Bevölkerung. Allerdings steigt auch hier die digitale Nutzung. Knapp 5 Millionen DAB-Radiogeräte befinden sich mittlerweile in den deutschen Haushalten. Die Nutzung des Digitalradios ist im Vergleich zum Vorjahr um fast 60 Prozent auf 7,7 Prozent der Bevölkerung gestiegen, Internetradio hören fast 30 Prozent.
Hintergrund zum Digitalisierungsbericht
Seit 2005 veröffentlichen die Medienanstalten jährlich einen Bericht mit Daten und Fakten zum Stand der Digitalisierung auf den verschiedenen Rundfunkübertragungswegen sowie allgemein der Nutzung von Videoinhalten auf digitalen Endgeräten. Neben den Zahlen und Fakten zur Digitalisierung befasst sich der Analyseteil 2014 mit den Themen Cable-ization of the Internet und den möglichen Auswirkungen auf die Medienvielfalt sowie YouTube-Netzwerken und ihrer Vergleichbarkeit mit TV-Sendern.
Die repräsentativen Daten zum Stand der Digitalisierung wurden von TNS Infratest zwischen dem 19. Mai und dem 04. Juli 2014 erhoben. Dabei wurden computergestützte Telefoninterviews in mehr als 6.000 deutschen TV-Haushalten zur Geräteausstattung, zum Fernsehempfang und zur Video-Nutzung auf Personenebene durchgeführt. Auswahlgrundlage ist das ADM-Stichprobensystem für Fest- und Mobilfunknummern.
Der „Digitalisierungsbericht 2014: Alles fließt! Neue Formen und alte Muster“ wird herausgegeben von „die medienanstalten – ALM GbR“. Er ist soeben im Vistas-Verlag, Berlin, erschienen und kann zum Preis von 15,- € online bestellt oder im Buchhandel erworben werden (ISBN 978-3-89158-603-7). Eine PDF-Version der Publikation sowie weitere Daten und Fakten zum Stand der Digitalisierung sind hier abrufbar.