Lokal-TV-Kongress mit Besucherrekord erfolgreich zu Ende
„Demokratie funktioniert ohne ausgezeichneten Lokaljournalismus nicht!“
Berlin, 2. Oktober 2017 – Der dritte gemeinsam von den fünf ostdeutschen Landesmedienanstalten veranstaltete Lokal-TV-Kongress in Potsdam ist mit einem Besucherrekord erfolgreich zu Ende gegangen. Die zwei intensiven Kongresstage mit Vorträgen, Diskussionen, Workshops und einem Show Case fanden ihren Höhepunkt im Abschlusspanel. Dabei herrschte Einigkeit darüber, welche Bedeutung lokalem Journalismus zukommt: „Demokratie funktioniert ohne ausgezeichneten Lokaljournalismus nicht!“, erklärte Bärbel Romanowski-Sühl, Medienrätin der mabb, und mahnte zugleich, dass man nicht auf seinem Stuhl sitzen bleiben dürfe, sondern täglich in Richtung Politik agieren müsse – gemeinsam mit den Landesmedienanstalten. „Spätestens seit dem letzten Wochenende muss uns doch klar sein, welche Zukunft Lokal-TV haben muss! Ist ein Politiker im Saal? Nein. Das ist das Problem!“, so Romanowski-Sühl. Als einen Ansatz zur Unterstützung von Lokaljournalismus berichtete Frau Romanowski-Sühl zudem von einem Positionspapier zur Förderung von Lokaljournalismus, welches der Medienrat der mabb beschlossen hat.
Auch Jochen Fasco, Direktor der TLM, stimmte zu: „Die Politik stärker anzugehen, ist das A und O!“ Man müsse jetzt dafür sorgen, dass Strukturen erhalten bleiben, sonst würde Meinungsbildung auch hierzulande in ein paar Jahren vordergründig auf Plattformen US-amerikanischer Konzerne betrieben. Jedoch ergänzte er den Appell an die Lokal-TV-Veranstalter, sich nach Kooperationen auf Augenhöhe umzuschauen und Synergien zu nutzen. Dabei müsse allerdings stets die Vielfalt gewahrt werden. Außerdem sollte das Thema Förderung als punktuelle Unterstützung anstatt als grundsätzliche Finanzierungsgrundlage gesehen werden.
„Es bleibt gar nichts anderes übrig, als dass sich lokale Medien gemeinsam einen Weg aus dem derzeitigen Dilemma überlegen müssen“, erklärte auch Michael Geffken von der Leipzig School of Media, räumte aber gleichzeitig ein, dass der Experimentierspielraum für Lokal-TV relativ gering sei. Unter dem Motto „Nutzer, Nutzer, Nutzer!“ empfahl er eine klare Orientierung aller Bemühungen am Zuschauer. Das sei mit Blick auf die Wahlergebnisse ja ganz grundsätzlich schief gegangen in den letzten Jahren.
Als Vertreter aus dem Print-Bereich zeigte sich Michael Tallai von der Mediengruppe Thüringen Verlag GmbH zwar froh darüber, nicht gefördert und somit auch nicht reguliert zu werden, stellte aber gleichzeitig auch fest, dass sich das bisherige Geschäftsmodell von lokalem Journalismus in seiner jetzigen Form nicht aufrecht erhalten lässt. Es liege außerdem nahe, mit Lokal-TV zusammenzuarbeiten, statt als Verlag teuer alles selbst aufzubauen. Denn wenn man multimedial auftreten könnte, hätten alle etwas davon. „Wir sind alle viel zu depressiv und zu defensiv! Wir können mehr, als wir uns manchmal selbst zutrauen“, so Tallai.
Laut René Falkner vom Bundesverband Lokal-TV gibt es bereits viele Modelle, in denen Zeitungsverlage mit Lokal-TV-Sendern gut kooperieren. Ob das als Rettungsanker bezeichnet werden kann, scheint ihm jedoch nicht sicher. Er gab auch zu bedenken, dass lokales Fernsehen das einzige Medium ist, was neben der Zeitung noch längere Inhalte liefert. Dennoch treffen die Veranstalter auf einen seiner Meinung nach ungerechten gesetzlichen Rahmen, insbesondere in Bezug auf Werberichtlinien. Es gingen riesige Mengen an Werbegeldern zu großen Plattformen, deren Rolle für die demokratische Meinungsbildung mindestens fraglich ist. Falkner würdigte abschließend die Arbeit der Landesmedienanstalten sowie den Kongress und schloss mit einem Appell, gemeinsam an einem Strang zu ziehen: „Ich würde mir wünschen, dass sich die Landesmedienanstalten gemeinsam für das Fortbestehen und eine Förderung von Lokal-TV öffentlich bekennen und einsetzen.“
Zahlreiche Wortmeldungen aus dem Plenum konnten die Diskussion zusätzlich aufladen: Prof. Rüdiger Steinmetz, Medienrat der SLM, etwa sprach klar aus, dass die SLM Lokal-TV will und dieses nach Kräften und mit Geldern in Millionenhöhe über das Modell „Betrautes Fernsehen“ unterstützt. Von Senderseite kamen Anregungen, Wahlkampagnen der Politik stärker in Richtung Lokal-TV zu lenken oder Lokal-TV-Veranstalter bei der Erzeugung eines journalistischen Gegengewichts in den Sozialen Netzwerken projektweise zu fördern. Denn schließlich sei Lokal-TV der Gegner von Fake News und erfülle öffentlich-rechtliche Aufgaben. Jochen Fasco schlug abschließend vor, dass Thema „Lokal-TV & Politik“ zum Leitthema des nächsten Lokal-TV-Kongresses zu erheben.