Medieninformation • 50/2017 vom 05.10.2017

Gleichgesinnt und überwiegend frustriert? Wie politische Information in sozialen Medien wahrgenommen wird

Soziale Medien Agendasetter für Jugendliche: Neue Ergebnisse zur Bedeutung des Internets für die Meinungsbildung aus der MedienGewichtungsStudie der Medienanstalten

Wie viel Einfluss haben Intermediäre wie Facebook und Twitter oder auch Suchmaschinen auf die Prozesse der Meinungsbildung? Eine Frage, die gerade vor und nach Wahlen intensiv diskutiert wird. Die Medienanstalten haben dazu jetzt aktuelle Forschungsergebnisse aus ihrer MedienGewichtungsStudie: Soziale Medien sind Agendasetter für Jugendliche – das ist kurz gefasst die Hauptaussage der neuen Zahlen aus dem ersten Halbjahr 2017.

Zentrale Ergebnisse zur Nutzung von Intermediären bei der Information über das Zeitgeschehen sind:

Das Netz gewinnt weiter an Bedeutung für die Meinungsbildung. In der Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen hat das Internet (51,9%) bereits mehr Einfluss auf die Meinungsbildung als das Fernsehen (19,2%). Bei der Gesamtbevölkerung dagegen liegt das Fernsehen mit einem Meinungsbildungsgewicht von 33 Prozent noch vor dem Internet (25,7%). Auch in der Gesamtbevölkerung positioniert sich das Internet aber bereits deutlich vor dem Radio (19,9%) und den Tageszeitungen (18,5%).

38,8 Prozent der Bevölkerung informieren sich täglich im Internet über das Zeitgeschehen. Die meisten von ihnen – 21,7 Prozent der Bevölkerung oder 15,1 Millionen Personen über 14 Jahre – holen sich ihr Wissen dabei täglich in den sozialen Medien.

19 Prozent der Personen, die sich gestern über soziale Medien in Deutschland informiert haben, vertrauen den Informationen in sozialen Medien eher als denen in Fernsehen, Radio oder Zeitung. Das entspricht gut 2,9 Millionen Personen in Deutschland. Gleichzeitig geben fast alle Nutzer sozialer Medien (94%) an, sich der Gefahr von Fake News bewusst zu sein und darauf zu achten, woher eine Nachricht kommt.

Die große Mehrheit der Nutzer sozialer Medien (81%) schätzt an sozialen Medien die Möglichkeit der freien Meinungsäußerung. Aber nur 27 Prozent der Nutzer sind der festen Überzeugung, hier auch einen guten Überblick über die verschiedenen Standpunkte zu bekommen.

Ein Großteil (83 %) derjenigen, die sich täglich in sozialen Medien über Politik informieren, treffen dort Gleichgesinnte und fühlen sich hier mit ihrer Meinung nicht allein. Gleichzeitig gehen 74 Prozent der Nutzer davon aus, dass man aufgrund der Kommentare anderer Nutzer leicht einen falschen Eindruck in Bezug auf die vorherrschende Meinung in der Bevölkerung bekommt. Immerhin die Hälfte (50%) nimmt die sich in den sozialen Medien äußernden Nutzer als überwiegend frustriert und negativ eingestellt wahr.

Im Vergleich der verschiedenen Altersgruppen zeigt sich allerdings, dass knapp ein Drittel der jüngeren Nutzer durchaus die ganze Bandbreite der Meinungen in den sozialen Medien repräsentiert sieht. So sind immerhin 31 Prozent der 14- bis 29-Jährigen davon überzeugt, in den sozialen Medien einen guten Überblick über die verschiedenen Standpunkte zu einem aktuellen Thema zu bekommen. Diese Altersgruppe schätzt auch die Möglichkeit der freien Meinungsäußerung in sozialen Medien am meisten (89%).

Siegfried Schneider, der Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM): „Allgemein und gerade mit Blick auf die junge Zielgruppe steht fest: Meinungsbildungsprozesse finden maßgeblich auch im Internet und dort vor allem in den sozialen Medien statt. Deshalb darf sich der Schutz vor einer erheblichen Einschränkung der Meinungsvielfalt nicht länger allein auf das Fernsehen konzentrieren. Vielmehr muss von einem Gesamtmedienmarkt ausgegangen werden und ein empirischer Ansatz – wie der unserer MedienGewichtungsStudie im Rahmen des MedienVielfaltsMonitors – gewählt werden, um die Relevanz der Medien für die Meinungsbildung messen zu können. Nur so erhalten wir ein valides Bild der Medienvielfalt und möglicher Gefahren.“ Schneider betonte, dass man trotz der vielfach differenzierten Wahrnehmung von politischer Information in sozialen Medien „keine Entwarnung geben“ könne. „Wir dürfen nicht die Minderheit vergessen, die wahrlich nicht klein ist: Wenn zwei von fünf Nutzern glauben, hier einen guten Überblick über die verschiedenen Standpunkte zu bekommen, dann zeigt das auch die Verantwortung, die soziale Medien haben, diesen Überblick tatsächlich zu bieten.“

Den vollständigen Studienbericht zum Thema Intermediäre und Meinungsbildung finden Sie hier.

Alle Ergebnisse der neuen MedienGewichtungsStudie sowie den MedienVielfaltsMonitors finden Sie hier.

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