20. Jahresbericht der KEK und Stellungnahme zum Entwurf eines neuen Medienstaatsvertrags
Reform des Medienkonzentrationsrechts bleibt auf der Agenda
KEK veröffentlicht 20. Jahresbericht
Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) veröffentlicht heute ihren 20. Jahresbericht, der Auskunft über ihre Arbeit im Zeitraum vom 1. Juli 2017 bis zum 30. Juni 2018 gibt. Insgesamt hat die KEK im Berichtszeitraum über 17 Anträge auf Zulassung für bundesweit verbreitete private Fernsehprogramme entschieden. Dazu zählen auch Streaming-Angebote im Internet, die die Kriterien der Rundfunkveranstaltung erfüllen. 18 Verfahren betrafen Veränderungen von Inhaber- und Beteiligungsverhältnissen, ein Verfahren die Vergabe von Sendezeiten für unabhängige Dritte sowie fünf Verfahren die Lizenzierung regionaler Fensterprogramme.
Programmangebot nimmt weiter zu
Zur Jahresmitte 2018 verfügten 190 private Fernsehprogramme über eine bundesweite Zulassung. Davon wurden 10 Vollprogramme und 159 Spartenprogramme auch ausgestrahlt. Im Vergleich zum Vorjahr ist damit das Angebot an privaten Fernsehprogrammen erneut gestiegen (2017: 160; 2018: 169). Bei Zurechnung der einzelnen Programme zu ihren „Senderfamilien“ dominieren weiterhin drei große Veranstaltergruppen den deutschen Fernsehmarkt: Dies sind der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit einem Gesamtzuschaueranteil im Jahr 2017 von 46,7 % (2016: 45,2 %), die Mediengruppe RTL Deutschland mit 23,2 % (2016: 23,2 %) und die ProSiebenSat.1 Media SE mit 17,8 % (2016: 18,9 %). Auf die restlichen Sender entfiel ein Zuschaueranteil von insgesamt 12,3 % (2016: 12,7 %).
Bedeutungszuwachs für Pay-TV
Das Pay-TV hat sich – neben dem öffentlich-rechtlichen und dem werbefinanzierten Rundfunk – als dritte Säule im Fernsehmarkt etabliert. Nach Marktuntersuchungen hat sich innerhalb von 10 Jahren die Zahl der Pay-TV-Abonnenten von 4,3 Mio. im Jahr 2008 auf rund 8 Mio. Abonnenten im Jahr 2018 fast verdoppelt. Davon entfallen aktuell rund 5 Mio. Abonnenten auf die Sky-Programmplattform. Insbesondere die Pay-TV-Anbieter stehen dabei in Konkurrenz zu Video-on-Demand-Plattformen wie Netflix und Amazon Prime.
Plattformrevolution des Internets
Die zunehmende mediale und wirtschaftliche Macht der großen Plattformen wie YouTube, Facebook, Amazon und Netflix lassen die klassischen Medienunternehmen neue Strategien entwickeln. Sie reagieren u. a. mit der Gründung eigener Streaming-Dienste, der Bildung neuer Allianzen – etwa bei der Werbevermarktung – und der Ausweitung ihres Digitalgeschäfts auf medienferne Bereiche. Das in diesem Zusammenhang von der KEK in Auftrag gegebene Gutachten „Die Digitalstrategien von Medienunternehmen“ wurde im März 2018 in Berlin vorgestellt.
Großfusionen im Medienmarkt
Die traditionellen US-amerikanischen Medienkonzerne versuchen, durch Großfusionen mit dem Wachstum der Plattform-Konzerne Schritt zu halten: Das Telekommunikationsunternehmen AT&T, Inc. hat den Medienkonzern Time Warner, Inc. übernommen, die Walt Disney Company beabsichtigt, wesentliche Unternehmensteile der Twenty-First Century Fox, Inc. zu erwerben, die Comcast Corporation konnte sich im Bieterwettstreit um die Sky plc. gegen die Twenty-First Century Fox, Inc. durchsetzen. Die Fusionen haben erhebliche Auswirkungen auf den US-amerikanischen Medienmarkt und auf den internationalen Beschaffungsmarkt für Programmrechte. Der Jahresbericht gibt einen Überblick über die Fusionsvorhaben und ihre Bedeutung für den deutschen Medienmarkt.
Reform des Medienkonzentrationsrechts bleibt auf der Agenda
Der KEK-Vorsitzende Prof. Dr. Georgios Gounalakis weist in diesem Zusammenhang erneut auf die notwendige Reform des deutschen Medienkonzentrationsrechts hin: „Auch die Übernahme selbst der größten deutschen Medienunternehmen erscheint angesichts der enormen Marktkapitalisierung amerikanischer Medienunternehmen nicht ausgeschlossen. Das deutsche Medienkonzentrationsrecht hätte einer solchen Transaktion nichts entgegenzusetzen; die KEK dürfte ihre Auswirkungen auf die Meinungsvielfalt aufgrund der bestehenden Rechtslage nicht einmal mehr vertieft prüfen.“ Seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2014, das den Prüfrahmen der KEK in der Praxis erheblich einschränkt, hat die KEK der Politik immer wieder Vorschläge für die Weiterentwicklung des Medienkonzentrationsrechts in Richtung eines Gesamtmeinungsmarktmodells unterbreitet. Die Standortinteressen einzelner Länder streiten jedoch für möglichst hohe Eingriffsschwellen, zementieren so den Status Quo und verhindern beharrlich jede Befassung des Gesetzgebers mit seit Jahren überfälligen Reformen.
Eine PDF-Version des 20. Jahresberichts der KEK ist hier abrufbar.
Stellungnahme der KEK zum Diskussionsentwurf für einen neuen Medienstaatsvertrag
Die Rundfunkkommission der Länder hat am 24.07.2018 einen Diskussionsentwurf für einen neuen Medienstaatsvertrag im Internet veröffentlicht und eine Online-Beteiligung dazu gestartet. Der Entwurf präzisiert den Rundfunkbegriff und erweitert und konkretisiert die bestehenden Vorschriften zur Plattformregulierung. Zudem sollen künftig auch Intermediäre der Regulierung unterliegen. Änderungen des Medienkonzentrationsrechts sind dagegen nicht vorgesehen. Dies hat die KEK deutlich kritisiert (s. Pressemitteilung der KEK 08/2018).
Zu den im Medienstaatsvertragsentwurf vorgesehenen Themenkomplexen hat die KEK am 11.09.2018 eine Stellungnahme abgegeben. Sie macht darin deutlich, dass die behandelten Teilbereiche der Rundfunkregulierung nicht vom Medienkonzentrationsrecht isoliert einer Umgestaltung unterzogen werden können.
Insbesondere die vorgesehenen Ansätze zu einer Regulierung von Intermediären im Sinne von Transparenzgeboten und Diskriminierungsverboten sind zwar richtig, greifen jedoch aus Sicht der KEK zu kurz, weil die den Intermediären zukommende Meinungsmacht medienkonzentrationsrechtlich nicht hinreichend berücksichtigt werden kann. Diese ließe sich am besten im Rahmen des von der KEK favorisierten Gesamtmarktmodells erfassen. Der Meinungsbildungseinfluss von Intermediären könnte dabei etwa an der Frage festgemacht werden, wie viele Personen den jeweiligen Intermediär nutzen, um auf spezifische Inhalte von Medienunternehmen zu gelangen. Zudem könnten auch Verflechtungen zwischen Intermediären und publizistischen Inhalte-Anbietern bewertet werden. Für den Fall, dass sich ein Gesamtmarktmodell in absehbarer Zeit politisch nicht durchsetzen lässt, schlägt die KEK eine „kleine Lösung“ vor. Danach sollte die Berücksichtigung medienrelevanter verwandter Märkte zumindest von den hohen Zuschaueranteilsschwellen entkoppelt werden. Dadurch könnten sowohl Intermediäre als auch die stetig zunehmende nichtlineare Bewegtbildnutzung von der KEK adäquat erfasst werden.
„Es bleibt zu wünschen, dass die Vorschläge der KEK auf fruchtbaren Boden fallen, bevor es zu Entwicklungen kommt, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können“, so Gounalakis.
Die Stellungnahme der KEK zum Diskussionsentwurf für einen neuen Medienstaatsvertrag ist hier abrufbar.