Desinformationen gefährden unsere Gesellschaft
Experten und Jugendliche diskutierten in Schwerin über die Herausforderungen von medialen Manipulationen
Am 2. Juli 2025 fand in Schwerin die Jahrestagung der Medienanstalt Mecklenburg-Vorpommern unter dem Titel „Angriff auf die Wahrheit: Wie Desinformationen im Netz unsere Demokratie bedrohen“ statt. 100 Fachleute, Jugendliche und Verantwortliche aus Politik, Bildung, Wissenschaft und Medien diskutierten drängende Fragen rund um das Thema „Desinformation“.
Die Vorsitzende des Medienausschusses Mecklenburg-Vorpommern, Sandra Nachtweih, eröffnete die Tagung und betonte die wachsende Bedrohung durch Hass, Hetze und gezielte Falschinformationen im Internet: „Desinformationen verunsichern die Menschen und gefährden unser gesellschaftliches Miteinander. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, dem entgegenzuwirken“, erklärte Nachtweih.
Die Keynote von PD Dr. Tanja Maier, Direktorin des Instituts für Medienforschung der Universität Rostock, beleuchtete die Gestaltung widerstandsfähiger Öffentlichkeiten gegen Desinformationen. Sie wies darauf hin, dass „pauschale Aussagen über flächendeckende Effekte von Desinformationen derzeit nicht aus der Studienlage abgeleitet werden können. Desinformationen sind nicht nur ein Ausdruck falscher Inhalte, sondern auch ein Ausdruck gesellschaftlicher Konflikte und sollten im Zusammenspiel mit gesellschaftlichen Spannungen betrachtet werden.“
Ein Praxisbeispiel von Uwe Kranz, Referent für Medienbildung im Ministerium für Bildung und Kindertagesförderung Mecklenburg-Vorpommern, demonstrierte eindrucksvoll die Möglichkeiten des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz, sowohl im positiven als auch im negativen Sinn. Er betonte die Notwendigkeit, frühzeitig im Bereich der Medienbildung zu sensibilisieren, um mit den Herausforderungen von Desinformationen umzugehen. Seine Präsentation ist hier abrufbar: https://t1p.de/MMV-JT-KI25
Die erste Panel-Diskussion mit Jugendlichen aus Mecklenburg-Vorpommern gab einen spannenden Einblick in herausfordernde Lehr-Lern-Situationen in Schulen. Es wurde festgestellt, dass das Thema „Desinformation“ und weitere Medienbildungs- und Digitalisierungsthemen oft nicht ausreichend an Schulen in Mecklenburg-Vorpommern behandelt werden. Schülerinnen und Schüler seien in Medienbildungs-Themen häufig kompetenter als ihre Lehrerinnen und Lehrer. Die Ausbildung von Medienscouts und außerschulische Initiativen im Land wurden gewürdigt, da diese eine wichtige Rolle bei der Medienbildung an Schulen spielen. Felix Wizowsky, Vorsitzender des Landesschülerrates Mecklenburg-Vorpommern, betonte, dass auch Eltern generationenübergreifend in der Medienbildung gefragt seien.
In der zweiten Diskussion äußerte Theresia Crone, Netzaktivistin und Kolumnistin, dass die Sanktions- und rechtlichen Möglichkeiten gegen Desinformationen und Hate Speech unzureichend oder gar nicht existent seien. Sie kritisierte, dass Betroffene sich bislang nur schwer erfolgreich zur Wehr setzen könnten. Patrick Dahlemann, Chef der Staatskanzlei Mecklenburg-Vorpommern, sagte, die Politik werde bestehende Gesetze nachschärfen, so dass zum Beispiel die Landesmedienanstalt wirksamer gegen gefährliche Inhalte im Netz vorgehen könne: „Wir brauchen bessere Gesetze, wir brauchen strengere Regularien dafür, wir brauchen eine wehrhafte Medienanstalt.“ Zudem wies er auf den großen Einfluss von Desinformationen aus dem Ausland auf politische Debatten in Deutschland hin und betonte die Wichtigkeit von genauer Recherche. Dahlemann und Crone waren sich einig, dass die großen Online-Unternehmen stärker als bisher in die Pflicht genommen werden müssen, selbst gegen rechtswidrige Inhalte und Falschmeldungen auf ihren Plattformen vorzugehen.
Lutz Mache, Government Affairs and Public Policy Senior Manager von Google Germany, sagte, Google versuche diesen Problemen entgegenzuwirken, indem man seriöse Medien durch prominente Platzierung unterstütze und KI-gestützte Maßnahmen gegen gefälschte Inhalte auf YouTube einsetze. Die Identifizierung solcher Inhalte sei ein fortwährender Prozess, der nie abgeschlossen sei.
Bert Lingnau, Direktor der Medienanstalt Mecklenburg-Vorpommern, fasste den Abend zusammen: „Wir brauchen eine stärkere Medienaufsicht und mehr Medienbildung in ganz Mecklenburg-Vorpommern!“