Medieninformation • 55/2021 vom 14.06.2021

Demokratische Streitkultur in der digitalisierten Welt erfordert Verantwortung aller und Aufsicht mit Augenmaß

Umgang mit Desinformation in Medien und sozialen Netzwerken im Superwahljahr im Fokus des digitalen DLM-Symposiums 2021

Für eine Demokratie ist Desinformation eine Herausforderung. Wenn die eigenen Kräfte des gesamtgesellschaftlichen Meinungsbildungsprozesses versagen, birgt sie insbesondere in Wahlkampfzeiten großes Destabilisierungspotential in sich. Das heutige digitale DLM-Symposium widmete sich der Frage, wie der öffentliche Meinungsaustausch und die individuelle Meinungsbildung vor Manipulation und Desinformationskampagnen bestmöglich geschützt werden können. Was erwarten maßgebliche Akteurinnen und Akteure der öffentlichen Kommunikation im Bundestagswahlkampf, wie sehen sie ihre Verantwortung und wie bereiten sie sich vor?

Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble machte in seiner Keynote klar, dass sich alle der Verantwortung für eine zivilisierte Streitkultur auch in der digitalisierten Welt stellen müssen. „Für die Politik heißt es: Sie muss die Rahmenbedingungen für die verantwortliche Gestaltung der technologischen Transformation schaffen. Für die Medien heißt es: Sie müssen ihrer journalistischen Sorgfaltsplicht gerecht werden. Die Technologie ist nur das Werkzeug – die Inhalte, die wir mit Hilfe der digitalen Medien erzeugen und in die virtuelle Welt entlassen, machen den Unterschied!“.

Vizepräsidentin der EU-Kommission und Kommissarin für Werte und Transparenz Věra Jourová betonte in ihrem Impulsreferat: "Demokratie kann nicht als selbstverständlich angesehen werden. Sie muss genährt und geschützt werden. Das ist das Ziel unseres Europäischen Aktionsplans für Demokratie, den wir jetzt in die Tat umsetzen. Wir wollen die Partizipation der Bürgerinnen und Bürger schützen und fördern und sie befähigen, ihre Entscheidungen im öffentlichen Raum frei und ohne Manipulation zu treffen. Der Plan schlägt Maßnahmen vor, um den Schutz von Journalistinnen und Journalisten zu erhöhen, Desinformation und Einmischung zu bekämpfen und gleichzeitig die Meinungsfreiheit umfassend zu schützen. Wir müssen unsere Kräfte bündeln, um die Herausforderungen anzugehen, mit denen die Demokratie konfrontiert ist - deshalb ist die Zusammenarbeit mit nationalen und regionalen Behörden, Regulierungsbehörden und allen Stakeholdern entscheidend."

Mit der Überprüfung der Einhaltung journalistischer Sorgfaltspflichten in bestimmten Telemedien hat der Gesetzgeber den Medienanstalten ein erstes Instrument zum Vorgehen gegen Desinformation im Netz an die Hand gegeben. Dr. Wolfgang Kreißig, DLM-Vorsitzender, wies auf die für dieses Aufsichtsfeld besonders erforderliche Verantwortung und das nötige Augenmaß hin: "Die Freiheit der Medien und das Recht auf freie Meinungsäußerung bilden den Kern unserer Demokratie. Als staatferne Medienaufsicht bewegen wir uns beim Kampf gegen Desinformation an einer sehr sensiblen Schnittstelle. Wir schauen nicht auf die Richtigkeit oder den Wahrheitsgehalt eines Inhaltes, sondern beaufsichtigen, ob er handwerklich korrekt recherchiert, aggregiert und erstellt wurde."

Die Kommunikationswissenschaftlerin Dr. Lena Frischlich zeigte auf, wie Desinformation im Netz strategisch eingesetzt wird, wie verbreitet entsprechende Kampagnen sind und wie sich typische Formen von Desinformation auf die politische Diskussion auswirken.

Der Themenverantwortliche für Desinformation und Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, Dr. Tobias Schmid, gab in einem Werkstattbericht konkrete Einblicke in die Aufsichtsarbeit der Medienanstalten im Umgang mit desinformativen Inhalten und der Überprüfung der Einhaltung journalistischer Sorgfaltspflichten. Zudem unterstrich er die Notwendigkeit, den Blick auch nach Brüssel zu richten, um grenzüberschreitend Klarheit zu schaffen, wie auch internationale Plattformen ihrer Verantwortung zur Sicherung der Demokratie gerecht werden können.

Wieviel Regulierung Meinungsfreiheit braucht und wie viel sie verträgt, diskutierten im Abschlusspanel Markus Beckedahl von netzpolitik.org, Nina Morschhäuser von Twitter Deutschland, Sonja Schwetje von RTL News, Marie-Teresa Weber von Facebook und Dr. Wolfgang Kreißig, DLM.

Die Tagesmoderation übernahm Constantin Schreiber, Journalist, Autor und Tagesschau-Sprecher.

Das gesamte Programm und den Link zum Livestream von 14:00 bis 15:45 Uhr finden Sie hier. Eine ausführliche, inhaltliche Zusammenfassung mit allen Statements sowie die Aufzeichnung wird demnächst auf der Seite der Medienanstalten veröffentlicht.

Weitere Informationen über die über die medienanstalten finden Sie unter: www.die-medienanstalten.de.

Zurück

Schließen