Digitalisierungsbericht 2015
Im Rahmen einer Veranstaltung in der Deutschen Kinemathek in Berlin stellen heute die Medienanstalten den Digitalisierungsbericht 2015 vor. Thomas Fuchs, Koordinator des Fachausschusses Netze, Technik, Konvergenz, hob heraus: „Die aktuellen Ergebnisse zeigen, dass die Abschaltung der analogen TV-Verbreitung im Kabel in Sichtweite gerückt ist. Es ist für alle Beteiligten an der Zeit, mit einer umsichtigen Vorbereitung zu beginnen. Die Medienanstalten stehen als Moderatoren des Gesamtprozesses bereit“.
Der nun gemeinsam einzuschlagende Weg hin zur Analogabschaltung war Gegenstand der abschließenden Paneldiskussion. Vertreter von Kabelnetzbetreibern, privaten Fernsehsendern und der Wohnungswirtschaft tauschten sich mit Martin Heine, Direktor der Medienanstalt Sachsen-Anhalt, darüber aus, wann und wie ein verbraucherfreundlicher Switch-off umgesetzt werden kann. Die rege Diskussion zeigte, dass ein Branchenkompromiss für ein gemeinsames Abschaltdatum möglich ist. Dabei nimmt als Zeitpunkt das Jahr 2018 immer deutlichere Konturen an. Als wichtigen Aspekt wurde von den Diskutanten jedoch die Prüfung der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit eines gemeinsamen Vorgehens identifiziert.
Wie in den Jahren zuvor, stellte Regina Deck von TNS Infratest den zahlreichen Besuchern der Veranstaltung die zentralen Ergebnisse zur Digitalisierung der Empfangswege und zur digitalen Nutzung von Videoinhalten vor. Das Institut führte die Erhebung im Auftrag der Medienanstalten durch. Zentrale Ergebnisse sind in diesem Jahr folgende:
Digitalisierung des Kabelempfangs steigt schneller als zuletzt
Die Quote beim digitalen Fernsehempfang liegt aktuell bei 88,5 Prozent. Lediglich Kabelhaushalte empfangen in Deutschland noch analoge TV-Signale. Doch auch hier liegt die Digitalisierungsquote mittlerweile bei 72,5 Prozent. Mit 9,6 Prozentpunkten fiel der Anstieg im Jahresvergleich größer aus als in den Vorjahren und liegt nun fast auf dem Niveau des digitalen Satellitenempfangs 2009, drei Jahre vor dem Switch-off der analogen Verbreitung über Satellit. Insgesamt sank die Zahl ausschließlich analog empfangender Kabelhaushalte auf 4,5 Millionen.
Analoge Kabelhaushalte: Höheres Alter, geringeres Einkommen, wenig Wechselabsicht
Die verbliebenen analogen Haushalte weisen eine vergleichsweise geringe Kaufkraft und ein überdurchschnittlich hohes Alter des Haupteinkommensbeziehers auf. Zudem beziehen deutlich mehr als die Hälfte ihren Kabelanschluss vom Wohnungsvermieter und haben demnach keine direkte Vertragsbeziehung mit dem Kabelnetzbetreiber.
Immer noch sehr hoch ist mit 75 Prozent die Zahl der ausschließlich analog empfangenden Kabelkunden, die keinen Umstieg auf digitalen Empfang planen.
Kabel und Satellit gleichauf an der Spitze. Terrestrik und IPTV deutlich dahinter
Wenig Veränderung zeigt sich hinsichtlich der Verteilung der TV-Empfangswege hierzulande. Mit jeweils gut 46 Prozent der TV-Haushalte liegen Satellit und Kabel an der Spitze. Mit deutlichem Abstand folgen die Empfangswege Terrestrik (9,7 Prozent) und IPTV (4,8 Prozent), beide mit nur geringfügiger Veränderung im Vergleich zum Vorjahr.
HD-Empfang nimmt zu. HD-Geschäftsmodell der Privaten wirft Fragen bezüglich Chancengleichheit auf
Mit 48,1 Prozent empfängt mittlerweile fast die Hälfte der deutschen TV-Haushalte HD-Fernsehen. Das sind knapp 10 Prozent mehr als im Vorjahr. Deutlich niedriger fällt die Quote der TV-Haushalte aus, die auch die Programme der privaten TV-Veranstalter in HD-Qualität empfangen. Bundesweit sind dies 18,8 Prozent bzw. insgesamt 7,3 Millionen Haushalte.
Die vergleichsweise niedrige Privat-HD-Quote dürfte an dem monatlichen Entgelt liegen, das der Fernsehzuschauer - ähnlich wie bei Pay-TV - für die Freischaltung der Programme entrichten muss. Im Analyseteil des Digitalisierungsberichts beschreibt Thomas Fuchs die Fragestellungen, die sich aus dem HD-Vermarktungsmodell der privaten Veranstalter ergeben. Vor dem Hintergrund der bereits beträchtlichen Einnahmen für die großen TV-Sendergruppen zeigt Fuchs auf, dass eine vielfaltsichernde Regulierung auch im HD-Vermarktungsmodell Chancengleichheit für alle Anbieter zu gewährleisten habe.
Der „kleine“ Screen boomt. Jüngere ziehen Smartphone dem TV vor.
Im Wettstreit der Bildschirme liegt das TV-Gerät noch deutlich vorn. Knapp 40 Prozent halten ihren Fernseher für unverzichtbar. Jedoch bereits knapp 24 Prozent bezeichnen das Handy als ihr wichtigstes Gerät. In den jüngeren Altersgruppen hat das Smartphone den Fernseher in der persönlichen Bedeutung bereits deutlich überflügelt. Fast 50 Prozent der 14- bis 29-Jährigen in Deutschland können am wenigsten darauf verzichten.
Das Smartphone dient jedoch nicht nur als kleiner Screen für unterwegs, sondern auch als sog. Second Screen parallel zur Fernsehnutzung auf dem TV-Gerät. Gut 45,5 Prozent der befragten TV-Zuschauer nutzen Smartphone, Tablet und Co. parallel zum Fernseher. Ein Drittel gibt an, dass im Fall der Parallelnutzung die Aufmerksamkeit eher dem TV-Gerät gilt, fast genauso viele widmen sich jedoch eher den Mails, sozialen Netzwerken, News und Onlineshops auf dem kleinen Screen.
Auch Smart-TVs liegen im Trend, aber kein Boom
Das Internet ist längst auch auf den großen Screens angekommen. Gut 20 Prozent der TV-Haushalte in Deutschland verfügen wissentlich über ein internetfähiges Smart-TV-Gerät. Knapp 11,8 Prozent haben ein TV-Gerät tatsächlich direkt mit dem Internet verbunden. Zählt man die indirekt mit dem Internet verbundenen Connected-TV-Geräte (bspw. über Blu-Ray-Player oder Streaming-Sticks) hinzu, steigt die Quote auf 19,1 Prozent. Im Trend betrachtet ist dies deutlich mehr als im Vorjahr. Von dem vielfach prognostizierten Boom kann hier jedoch noch nicht die Rede sein.
Hintergrund zum Digitalisierungsbericht
Seit 2005 veröffentlichen die Medienanstalten jährlich einen Bericht mit Daten und Fakten zum Stand der Digitalisierung auf den verschiedenen Rundfunkübertragungswegen sowie allgemein der Nutzung von Videoinhalten auf digitalen Endgeräten. Neben den Zahlen und Fakten zur Digitalisierung befasst sich der Analyseteil 2015 mit dem HD-Vermarktungsmodell und den Herausforderungen für die Vielfaltssicherung sowie dem VoD-Markt und der Rolle von Netflix. Einen weiteren Schwerpunkt bilden das Digitalradio und der Radioplayer Deutschland.
Die repräsentativen Daten zum Stand der Digitalisierung wurden von TNS Infratest zwischen dem 4. Mai und dem 15. Juni 2015 erhoben. Dabei wurden computergestützte Telefoninterviews in mehr als 6.000 deutschen TV-Haushalten zur Geräteausstattung, zum Fernseh- und Radioempfang sowie zur Videonutzung auf Personenebene durchgeführt. Auswahlgrundlage ist das ADM-Stichprobensystem für Festnetz- und Mobilfunknummern.
Der „Digitalisierungsbericht 2015: Digitale Weiten, analoge Inseln. Die Vermessung der Medienwelt“ wird herausgegeben von „die medienanstalten – ALM GbR“. Er ist im VISTAS Verlag, Leipzig, erschienen und kann zum Preis von 15,- € online bestellt oder im Buchhandel erworben werden (ISBN 978-3-89158-615-0). Eine PDF-Version der Publikation sowie weitere Daten und Fakten zum Stand der Digitalisierung sind hier abrufbar.